(08.06.2021) Die Stille macht Irmgard Hertel zu schaffen: Familie hat sie keine mehr, ihre Kinder sind verstorben. Was bleibt, ist ein Gefühl der Einsamkeit. Dass neben Irmgard Hertel noch viele weitere Seniorinnen und Senioren betroffen sind, weiß auch Alina Penner, Sozialpädagogin im Johannes von Gott Haus. Aus diesem Grund startete sie das vom Land Nordrhein-Westfalen geförderte Projekt „Miteinander und nicht allein“. Ziel dieses Projekts ist es, Anwohnerinnen und Anwohner aus der Altersisolation zu holen. Dafür besucht die 23-Jährige die Betroffenen im „Quartier Meertal“ in ihren Wohnungen und Häusern, hört zu, ermittelt den Unterstützungsbedarf und erfüllt kleine Wünsche. Für diese zukunftsweisende Arbeit sucht Alina Penner noch ehrenamtliche Unterstützer: „Derzeit arbeite ich noch alleine an dem Projekt. Für die schlussendliche Umsetzung ist ehrenamtliches Engagement allerdings unerlässlich“, betont sie.
Denn der Bedarf sei groß: Mit dem Einstieg in die Rente geraten viele Menschen schleichend in ein einsameres Leben: der Plausch mit den Kollegen fällt weg, die Kinder sind aus dem Haus. Schwere Lebensereignisse – wie eine Erkrankung oder der Verlust des Partners – begünstigen den sozialen Rückzug. Auch Irmgard Hertel kennt diese Probleme, die durch die Corona-Pandemie noch verstärkt wurden. „Die wenigen Kontakte, die ich vorher noch hatte, fallen jetzt auch weg“, berichtet die Seniorin über die aktuelle Situation. Zuvor verabredete sich die 88-Jährige zum Kaffeetrinken in der Nachbarschaft oder nutzte das Sportangebot im Johannes von Gott Haus. Die Idee, Gleichgesinnte zusammenzubringen und dadurch neue Kontakte entstehen zu lassen, begrüßt die Seniorin sehr: „Ich freue mich, dass mir jemand zuhört“, sagt sie.
Neben dem sozialen Aspekt ist auch der Assistenzbedarf im Alltag ein wesentlicher Gesichtspunkt des Projektes. „Die Liste an Dingen, bei denen Unterstützung benötigt wird, ist lang. Selbst wenn es nur ein Telefonat mit dem Hausarzt oder die Begleitung zum Impftermin ist“, weiß Sozialpädagogin Alina Penner. Das kann Irmgard Hertel nur bestätigen: „Meinen linken Arm kann ich durch meine Schulterprobleme kaum mehr anheben. Eigentlich brauche ich täglich Hilfe beim Anziehen.“ Im Vordergrund des Projekts stünden laut Alina Penner deshalb aufsuchende Dienstleistungen.
Um den genauen Bedarf der Betroffenen erfassen zu können, nutzt die Projektkoordinatorin ihr vorhandenes Netzwerk, das sie sich im Rahmen ihres dualen Studiums aufbauen konnte. „Während meiner Praxisphase im Johannes von Gott Haus durfte ich viele quartiersbezogene Aufgaben übernehmen. Dadurch lernte ich bereits einige Anwohnerinnen und Anwohner kennen“, erzählt die Neusserin. Sobald die Bedarfsanalyse abgeschlossen ist, möchte sie mit den ersten Angeboten starten. Damit direkt zu Beginn möglichst viele ältere Menschen versorgt werden können, freut sich Alina Penner über ehrenamtliche Unterstützer. Wie viel Zeit sie investieren oder welche Aufgaben sie übernehmen möchten, können die Helfer selbst entscheiden. Wichtig seien lediglich Zuverlässigkeit und Geduld sowie ein respektvoller Umgang mit den Betroffenen. Interessenten melden sich per Mail bei Alina Penner unter a.penner@ak-neuss.de.